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NRW Jusos – Magazin

25. August 2023

Bilanz: Schwarz-Grün muss man sich leisten können.

Vor allem geht es um die Menschen.

Als die Sozialdemokratie im Mai 2022 ihr historisch schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in NRW einholte, galt unsere Wut und Trauer als Jungsozialist*innen in erster Linie den Folgen des Wahlergebnisses. Es wurde recht schnell klar, dass dieses Ergebnis zu einer schwarz-grünen Koalition führen würde und damit der Wille nach Veränderung für viele Menschen im Lande im Keim erstickt wurde. Zur Wahrheit in der Demokratie gehört jedoch auch die Anerkennung dessen dazu, dass sich nicht wenige Menschen im Lande dieses Ergebnis gewünscht und dementsprechend gewählt haben.

Eine mögliche Analyse des Wahlergebnisses war dabei, dass sich Menschen in Zeiten multipler Krisen nach der vermeintlichen Stabilität gesehnt haben könnten, die ein amtierender Ministerpräsident zum Ausdruck gebracht haben mag. Doch nach mehr als einem Jahr schwarz-grüner Landesregierung wird deutlich, dass dieser Schein trügen kann und unsere Aufgabe als Oppositionsjugend darin besteht, die vorhandenen Missstände im Land deutlich aufzuzeigen und die Verantwortung der Landesregierung klar zu benennen.

Sehenden Auges in den Teuerungs-Winter

Bereits nach hundert Tagen war der Unmut der Bevölkerung in NRW deutlich. Mehr als die Hälfte der Menschen gaben in Umfragen an, unzufrieden mit der Landesregierung zu sein. Während sich immer deutlicher abzeichnete, dass es für viele Menschen eine immense finanzielle Belastung darstellen werde, über den Winter zu kommen, zögerte die Landesregierung und der Anschein machte sich breit, dass die Landesregierung nicht existent sein könnte. Denn statt sich den Herausforderungen im Land zu stellen, war lediglich zu vernehmen, wie sich die Regierung vor der Verantwortung wegduckte, um mit dem Finger Richtung Berlin zu zeigen. Während die Lebensunterhaltskosten in Form von Miete, Energie, Lebensmittel und Co. immer weiter stiegen, wirkte Schwarz-Grün so unvorbereitet wie Armin Laschet, als er vor der Bundestagswahl nach drei Kernthemen für Deutschland gefragt wurde.

NRW vorne dabei – bei der Verarmung

Schon kurze Zeit später erschien der Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der deutlich machte, dass in kaum einem Bundesland die Armut so stark angewachsen ist, wie in NRW. Dabei ist hervorzuheben, dass neben der aktuellen, auch die vorangegangene Landesregierung in der Verantwortung für diese drastische Entwicklung stehen muss. Rund 18,7% der Menschen in ganz NRW leben in Armut, wobei das Ruhrgebiet mit 21,1% besonders stark betroffen ist. Der größte Anstieg ist dabei insbesondere bei Alleinerziehenden, Menschen mit Migrationsgeschichte, Kindern und Jugendlichen zu beobachten. Effektive Mittel, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, lassen im Grunde bis heute auf sich warten. Nachdem im Dezember 2022 die Landesregierung einen Armutskongress einberufen hatte, machte sie große Versprechungen, wie auch bereits zuvor im Koalitionsvertrag. „Aktionsplan gegen Armut“ soll die Initiative der Landesregierung heißen, jedoch ist es letztlich nicht verwunderlich, dass dabei kaum konkrete Maßnahmen benannt sind. Zurecht fühlen sich bis heute viele Bürger*innen in NRW im Stich gelassen.

Nachdem versäumt worden ist, für das Jahr 2022 Maßnahmen zu entwickeln, plante die Landesregierung auf Druck der Opposition einen Topf von 270 Millionen Euro ein, der der Aufrechterhaltung von Institutionen und Vereinen dienen soll, die sich bereits mit den Folgen der Armut beschäftigen. Da diese Maßnahme lediglich dazu dienen kann, die Folgen von Armut nach Möglichkeit abzufedern, bleibt natürlich die Frage offen: „Warum muss es überhaupt soweit kommen?“ Statt den Bedingungen, die zu Armut führen, auf den Grund zu gehen, wirken die Maßnahmen eher wie ein Tropfen auf den heißen Stein.

Armut abschaffen statt zementieren!

Als Jungsozialist*innen stellen wir den klaren Anspruch, dass die Probleme im Land bei ihren Wurzeln gepackt werden müssen, denn in unserer Vorstellung einer gerechten Zukunft, sollte ein Verein wie die Tafel gar nicht erst gebraucht werden. Denn Armut kann nicht dadurch gelöst werden, dass die Folgen der vorherrschenden Zustände vermeintlich abgefedert werden. Es fängt da an, wo kapitalistische Marktinteressen über die Grundrechte und -bedürfnisse der Menschen gestellt werden. Wer aus der Landespolitik heraus effektiv gegen Armut ankämpfen will, muss dem rasanten Anstieg der Mietpreise entgegenwirken und staatlichen sozialen Wohnungsbau ermöglichen. Der muss die (Alt-)Schulden der Kommunen in den Blick nehmen und sie abbauen, damit dort, wo Menschen leben, auch aktive und zielgerichtete Maßnahmen möglich sind, um gegen Armutsverhältnisse anzugehen. Wer Armut bekämpfen will, muss ein funktionierendes und gerechtes Bildungssystem ermöglichen und eine klare Vision davon aufzeigen, wie Bildung und Ausbildung im 21. Jahrhundert aussehen kann.

Und nicht zuletzt versuchen wir als Verband die Probleme in ihren Intersektionen zu betrachten, um ein ganzheitliches Bild zu erlangen. Dazu gehört eben auch, dass zur effektiven Bekämpfung von Armut auch konkrete Maßnahmen für prekäre Gruppen, die unter eingeführt werden. Dass insbesondere marginalisierte Gruppen unter Armut leiden, sollte die Landesregierung wachrütteln und Prozesse der Antidiskriminierung und der Integration deutlich beschleunigen.


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