NRW Jusos – Magazin
Europa ist mehr als die deutsch-französische Freundschaft
Sabrina ist Juso und Europa-Spitzenkandidatin der SPD in Mecklenburg-Vorpommern. In ihrem Gastbeitrag könnt ihr lesen, warum echte Europäische Integration nur funktioniert, wenn wir aus West-Ost-Gegensätzen gelebte Freund*innenschaften machen!
Die mittel- und osteuropäischen Länder haben eine Geschichte, die mit unserer ostdeutschen eng verbunden ist. Gemeinsam waren wir über 45 Jahre hinweg im Einflussbereich der Sowjetunion. Gemeinsam haben wir unter der antidemokratischen Hegemonie und den Einschränkungen gelitten.
Dennoch war und ist die Politik der Europäischen Union eine vorrangig westeuropäische Politik, die unsere Nachbar*innen östlich der Oder viel zu oft als Hinterhof der EU und als Vorhof zu Russland betrachtet hat. So zählen immer noch zahlreiche osteuropäische Staaten, wie Polen oder auch Staaten des Baltikums zu den ärmsten Ländern Europas (vgl. Eurostat, 2022). Zahlreiche Unternehmen siedeln sich vorrangig in den westeuropäischen Staaten an und verlangsamen somit auch einen wirtschaftlichen Aufstieg und eine bessere Bezahlung vieler Osteuropäer*innen. Ausbeutung und Niedriglohn in diesen Staaten gehört zur Realität europäischer Politik. Osteuropa ist wie Ostdeutschland in Teilen zur verlängerten Werkbank des Westens geworden. Geringe Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen sind die Folge.
Die Erfahrungen, die wir innerhalb Deutschlands in den Jahren nach der sogenannten Wiedervereinigung gemacht haben, stehen exemplarisch für unsere östlichen Nachbar*innen, wo Unterschiede zu westeuropäischen Ländern nach wie vor noch deutlich sichtbarer sind.
Deutschland befindet sich bei der Neuausrichtung der europäischen Politik in einer historisch besonderen Position, die wir als solche begreifen und nutzen sollten. Als Staat, durch den über 40 Jahre lang die unüberwindbar scheinende Grenze zwischen dem „Osten“ und dem „Westen“ verlief, sollten wir diese historische Erfahrung nutzen, um die noch immer existierenden Grenzen aufzubrechen. Wir streben schon lange nach gleichen Voraussetzungen innerhalb Deutschlands. Diese brauchen wir aber auch in ganz Europa.
Insbesondere die Transformation ermöglicht uns diese bestehenden Ungleichheiten abzubauen. Durch gezielte Investitionen seitens der EU, verbunden mit besseren Arbeitsbedingungen, einer fairen Bezahlung und mehr Tarifbindung.
Vor allem jungen Menschen muss dabei in Form einer europaweiten Jugendgarantie, die Ausbildungsplätze sowie den Zugang zum Arbeitsmarkt garantiert und zugleich Jugendarbeitslosigkeit minimiert, eine Perspektive vor Ort gegeben werden. Sie sollten nicht gezwungen sein, ihr Zuhause zu verlassen, um die gleichen Chancen auf ein glückliches Leben und zur Teilhabe an der europäischen Gemeinschaft zu haben. Unsere Fachkräfte-Problematik sollte nicht zur Folge haben, dass wir nichts an den unterschiedlichen Arbeits- und Lebensbedingungen innerhalb der EU-Staaten ändern und letztendlich davon profitieren, um unsere eigenen Herausforderungen zu bewältigen.
Darum wird deutlich, dass der Traum von einem guten Leben in Europa einigen mehr oder anderen weniger zuteil wird. Politikverdrossenheit oder gar Ablehnung zu den europäischen Werten sind die Folge. Nur wenn wir es schaffen, diese Ungleichheiten und Vorurteile zu beseitigen, wird es uns möglich sein die EU stark und zukunftsfähig zu machen.
Als Juso-Ostkandidatin und Kandidatin der SPD Mecklenburg-Vorpommern möchte ich dazu meinen Teil im Europäischen Parlament beitragen und die europäische Politik um diese Perspektive erweitern.
Denn auch in meiner Familie hat die Friedliche Revolution für einschneidende Veränderungen gesorgt. Meine Mutter konnte ihre gelernte Tätigkeit als Gärtnerin nicht mehr fortführen – was folgte war Langzeit-Arbeitslosigkeit, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, 1€-Job und nicht zuletzt Kettenbefristung als Reinigungskraft. Schon früh lernten meine Schwester und ich daher, was es bedeutet, aufs Geld zu achten, auf Dinge zu verzichten und Verantwortung für uns und unsere Familie zu übernehmen. Meine Familie steht dabei exemplarisch für viele Familien. Häufig scheint deine Zukunft vorherbestimmt, dir werden immer wieder Türen zugehalten und du musst immer mehr geben als viele andere.
Unsere Welt bietet dabei nicht allen die gleichen Chancen – wichtig ist es an dieser Stelle Verantwortung für all jene zu übernehmen, die es eben schwerer haben – nicht nur bei uns hier vor Ort, sondern weltweit. Darum liegt es mir besonders am Herzen, für mehr Gleichstellung in Europa und weltweit zu sorgen, ob Ost oder West, ob Jung oder Alt, ob Stadt oder Land, ob oben oder unten, ob mit deutschem Pass oder ohne, ob Mann oder Frau – alle verdienen die gleichen Chancen auf ein gutes Leben.
Die Geschichte der Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich hat gezeigt, wie aus Feindschaft und Vorurteilen ein Motor für die EU und langanhaltender Frieden werden können. Darauf gilt es aufzubauen und eine EU auf Augenhöhe aller Mitgliedstaaten voranzubringen.
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