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NRW Jusos – Beitrag

15. Juni 2021

Pride kann man nicht bei Amazon kaufen. Pride ist Schwarz, ist queer, ist intersektional.

Im Pride-Month begegnen wir immer häufiger Konzernen, die sich – je nach Absatzmarkt – in Regenbogenfarben einkleiden sowie überbordendem Pride-Merchandise. Dabei darf der Schwarze, der queere, der emanzipatorische und kämpferische Kern der Pride-Bewegung nicht in den Hintergrund geraten. Ein Text zu Stonewall, Sylvia Rivera und Marsha P. Johnson:

Es ist Juni und das heißt: es ist Pride Month. Das wird die letzten Jahre zunehmend nicht nur durch Aktivist*innen sichtbar, sondern auch immer mehr Unternehmen nutzen den Pride-Monat zu Marketingzwecken. Es gibt „Pride-Kollektionen” und Firmenlogos werden in Regenbogenfarben gefärbt. Es ist erstmal nichts Schlimmes dabei, wenn Firmen sich mit Queers solidarisch zeigen wollen.

[Als Queers bezeichnen sich Menschen, deren sexuelle Orientierung oder geschlechtlichen Identität nicht der heteronormativen Norm entspricht. Als Heteronormativität verstehen wir eine Weltanschauung, die nur zwei Geschlechter (männlich und weiblich) und heterosexuelle Beziehungen (ein Mann und eine Frau) zwischen den Geschlechtern anerkennt und als normal ansieht. Im Falle von trans Menschen ist das Geschlecht, welches von der Gesellschaft von außen zugeschrieben wird, nicht oder nur teilweise das Geschlecht, das dem eigenen Empfingen und Erleben entspricht.]

Regenbogen flaggen hissen – außer dort, wo es dem Absatz schadet

Es ist ein Problem, wenn Firmen sich nicht wirklich für Queer-Rechte einsetzen, sondern den Pride Month nur zum Anlass nehmen, profitmaximierend ihr Image aufzupolieren – sogenanntes “Pinkwashing”. Dazu machten z.B. dieses Jahr Firmen wie BMW, Siemens und Co. Schlagzeilen, weil sie ihre Firmenlogos in Regenbogenfarben färbten, aber nur in eher liberalen Ländern. In Ländern wie Saudi-Arabien, Russland oder Indonesien blieb das Logo hingegen “regenbogenfrei”. Pride darf aber nicht nur ein hippes Accessoire sein, was je nach Belieben und nach Zuschauer*innenschaft an- und abgelegt wird. Pride ist politisch.

Pride: der Kampf war Schwarz und Queer, im Kino dann aber wieder nur weiß und cis

Wir rufen im Pride Month die Stonewall-Proteste in Erinnerung, die am 28. Juni 1969 begannen. Die Geschichte der Stonewall-Krawalle wird auch immer mehr im Mainstream bekannter und wird deswegen aber auch oft mehr für die Mehrheitsgesellschaft erzählt. Zum Beispiel kam 2015 der US-amerikanischer Historienfilm „Stonewall” heraus, der die Geschichte des Aufstands in der New Yorker Christopher Street gegen die Polizei im Sommer 1969 darstellte. Im Stonewall Inn widersetzte sich erstmals eine größere Gruppe von Homosexuellen der Verhaftung. Protagonist des Films ist die fiktive Figur Danny Winters. Danny Winters ist schwul, weiß, cis und männlich. Auch 1995 kam schon ein Film „Stonewall” raus, wo der Protagonist ein weißer, schwuler Mann war. Und so nimmt eben vor allem der Mainstream die historischen Kontexte Stonewall, Pride, CSD und sowie Queerness wahr.

Wer waren denn nun die Protagonist*innen der Stonewall-Proteste?

Laut Augenzeugen soll die Schwarze Lesbe und Dragking Stormé DeLarverie einem Polizisten den ersten Schlag versetzt und damit den Aufstand ins Rollen gebracht haben. Als Hauptinitiatorinnen der Krawalle gelten zwei Dragqueens und trans Frauen: Sylvia Rivera und Marsha P. Johnson. Sie sind Women of Color, sie arbeiteten als Sexarbeiterinnen und waren immer wieder obdachlos. Das lässt sich vielleicht nicht so gut kommerziell vermarkten, aber das sind die Menschen der Stonewall-Riots. Als trans, nicht-Weiße Sexarbeiter*innen wurden sie ständig von der Polizei drangsaliert, geschlagen und gequält. Am 28. Juni 1969 war es für sie und viele andere im Stonewall Inn genug und sie wehrten sich.

Sylvia und Marsha kämpften ein Leben lang gegen Diskriminierung – auch innerhalb der LGBTQIA+-Bewegung 

Sylvia und Marsha prägten den Start der LGBTQIA+-Bewegung. Sie gründeten gemeinsam 1970 den Verein Street Transvestite Action Revolutionaries (STAR), um obdachlose Drag Queens und Transpersonen zu unterstützen. Sie waren außerdem in unterschiedlichsten anderen LGBTQIA+-Gruppierungen aktiv. Es war für sie nicht leicht als trans Personen. Besonders Sylvia war immer wieder frustriert von Transfeindlichkeit in der LGBTQIA+-Bewegung. Auf der New Yorker Pride-Parade im Jahr 1973 hielt sie auf dem Washington Square eine Rede, in der sie anklagte, dass Schwule und Lesben zu wenig Solidarität mit Transpersonen zeigen würden, und wurde ausgebuht. Sylvia Rivera starb 2002 an Leberkrebs. Marsha P. Johnson wurde 1992 tot im Hudson River gefunden. Die Polizei stufte es als Suizid ein, aber viele aus ihrem Umfeld hielten es für Mord. Trans Menschen wurden damals und werden heute ermordet, weil sie trans sind. 2002 wurde die Einstufung rückgängig gemacht und der Todesfall für „ungeklärt“ erklärt.

Niemand hat etwas gegen Regenbogen – aber dabei darf es nicht bleiben!

Besonders für straighte Menschen muss Pride Month bedeuten, solidarisch zu sein und daran zu arbeiten, für queere Menschen Verbündete zu sein. Feiern ist schön, aber lest am Morgen danach vielleicht auch mal ein Buch oder hört euch einen Podcast an. An Sylvia Rivera und Marsha P. Johnson: Rest in Power!


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