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NRW Jusos – Magazin

20. Dezember 2024

„Die jungen Leute“ denken selbst!

Einblicke in die Shell-Jugendstudie 2024

“Die Jugend wählt rechts!” durfte man nach den Europawahlen und den Wahlen im Osten häufig lesen. Damit sollte mit dem verbreiteten Narrativ einer linken, ja geradezu schon „woken” Jugend aufgeräumt werden. Doch ist an diesen Erzählungen etwas dran? Die Shell-Jugendstudie wird alle fünf Jahre neu aufgelegt und beschäftigt sich mit Werten, Gewohnheiten und Sozialverhalten von Jugendlichen in Deutschland. Die Zielgruppe sind hierbei Menschen von 12 bis 25 Jahren. Einige Ergebnisse werden noch nach Geschlechtern aufgeteilt, wobei „weiblich” und „männlich” die einzigen abgefragten Kategorien sind.

Die jungen Leute sind vor allem eines: politisch

Eines lässt sich auf jeden Fall sagen: Junge Menschen haben Bock auf Politik, sich zu engagieren und sich über tagespolitische Ereignisse zu informieren. Zumindest das Bedürfnis, sich über Politik zu informieren, ist stark angestiegen. Haben dieser Aussage 2019 nur 36% zugestimmt, sind es nun 51%. Auch das Interesse an politischem Engagement ist auf 37% gestiegen.

Eines lässt sich auf jeden Fall sagen: Junge Menschen haben Bock auf Politik, sich zu engagieren und sich über tagespolitische Ereignisse zu informieren. Zumindest das Bedürfnis, sich über Politik zu informieren, ist stark angestiegen. Haben dieser Aussage 2019 nur 36% zugestimmt, sind es nun 51%. Auch das Interesse an politischem Engagement ist auf 37% gestiegen.

Auf einem Links-Rechts-Spektrum würden sich insgesamt 46% als (eher) links einordnen. Als (eher) rechts insgesamt 18%. Erstmals seit 2002 geben mit nur rund 10% der Befragten so wenige junge Menschen wie noch nie an, sich selbst nicht zuordnen zu können oder zu wollen.

Die Studie zeigt außerdem, wie der „ideology gap“, also der Unterschied in der Selbstverortung von Frauen und Männern, größer wird. Insgesamt ordnet sich nun jeder vierte junge Mann als eher rechts oder rechts ein, wobei sich 2019 nicht mal jeder Fünfte so einordnete. Im Vergleich dazu bezeichnen sich nur rund 11% der jungen Frauen als rechts oder eher rechts. Allerdings positionieren sich 41% der männlichen Jugendlichen gleichzeitig links oder eher links, 2019 waren es noch 38%. Weiter ordnen sich 51% der jungen Frauen in das eher linke Spektrum ein, 2019 waren es noch 44%.

Wirklich so progressiv?

Obwohl man erkennen kann, dass sich viele Jugendliche als eher links oder links bezeichnen würden, bleiben die Antworten auf konkrete Grundsatzfragen oft widersprüchlich zur Selbsteinschätzung. Der Aussage „Eine starke Hand müsste mal wieder Ordnung in unseren Staat bringen“ stimmen immerhin 44% der Jugendlichen zu oder eher zu. 18% der Jugendlichen glauben außerdem, dass es in der Gesellschaft Konflikte gibt, die nur gewaltsam ausgetragen werden können. Auch der durch rechten Populismus geprägten Aussage, der Staat kümmere sich mehr um geflüchtete Menschen als um hilfsbedürftige Deutsche, stimmen 48% der Jugendlichen zu. In anderen Bereichen finden progressive Ideen und Werte auch nur wenig Zustimmung. So lehnen 42% der Jugendlichen beispielsweise das Gendern völlig oder eher ab.

Auch in den eigenen Wertvorstellungen wird eine eher bürgerliche Einstellung ersichtlich. Deutlich mehr junge Menschen wollen wieder „nach Sicherheit“ streben. 2019 lag der Prozentwert noch bei 77%, 2024 liegt er bei 87%. Gleichzeitig geben 83% an, die „Vielfalt der Menschen anzuerkennen und zu respektieren“.

Auch hier wird der ideology gap deutlich. So geben 59% der Frauen an, dass ihnen Feminismus wichtig ist, und im Vergleich dazu nur etwa 20% der Männer. 72% der Frauen geben auch an, dass ihnen eine vielfältige und bunte Gesellschaft wichtig ist, doch nur 56% der Männer. Für junge Männer sind eher Themen wie Männlichkeit (67% zu 20%) oder auch sportliche Autos oder Motorräder (48% zu 14%) wichtiger.

Selbstbestimmt im Arbeitsleben

Im Arbeitsleben legen junge berufstätige Menschen vor allem Wert auf Sicherheit und Selbstverwirklichung. Letztere ist seit 2019 nochmal leicht angestiegen. Angestiegen ist auch die Zustimmung zu einer 30-Stunden-Woche bei jungen Vätern.

Bestand hat aber auch noch die Vorstellung einer „traditionellen Arbeitsteilung“: so sprechen sich insgesamt 49% für eine Rollenaufteilung aus, in der der Mann der Haupt- bzw. Alleinverdiener ist. Die Zustimmung dazu ist dabei im Westen mit 52% besonders hoch im Vergleich zu 35% im Osten. Dennoch zählt für junge Menschen in der Arbeitswelt vor allem, dass sie von ihrem Einkommen gut leben und ihre Zeit mit Tätigkeiten verbringen können, die ihnen Spaß machen und sinnvoll erscheinen. Hier wünschen sich 85%, neben der Arbeit noch Zeit für Hobbys zu haben. Das passt zu einem mehrheitlichen Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten und mehr Home Office, wovon 69% gerne mehr hätten.

Fazit

Die Shell-Jugendstudie zeigt, dass junge Menschen in Deutschland politisch interessierter und engagierter sind als noch vor wenigen Jahren. Ihre Einstellungen lassen sich nicht leicht auf ein klassisches Links-Rechts-Spektrum reduzieren. Stattdessen stehen Themen wie Sicherheit, Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit im Vordergrund, oft gepaart mit widersprüchlichen Positionen und einer teils bürgerlichen Wertehaltung. Während sich ein signifikanter Anteil der Jugendlichen als „eher links“ bezeichnet, widersprechen Aussagen wie der Wunsch nach einer „starken Hand“ oder die Skepsis gegenüber progressiven Themen diesem Bild. Deutlich wird zudem der Werteunterschied zwischen jungen Männern und Frauen. Letztlich zeigt die Studie, dass „die Jugend” ihre eigenen Wege geht und ihre Werte und Überzeugungen aktiv hinterfragt und gestaltet.

Sie lässt sich weder in ein starres Schema pressen noch auf einfache Schlagwörter reduzieren. Als Jungsozialist*innen sollten wir sie da abholen, wo sie sind und sie nicht für ihre selbstgewählten Lebensentwürfe shamen. Das können wir, ohne unsere Überzeugung für eine offene und freie Gesellschaft zu übergehen.

Hier geht’s zur Studie: https://www.shell.de/ueber-uns/initiativen/shell-jugendstudie-2024/informationsmaterial-2024.html

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