NRW Jusos – Magazin
Wie wir als NRW Jusos neu denken wollen
Aus dem Verbandsmagazin (Nr. 33): Unser Zukunftstag 2025 und unser Kurs als Jugendverband
Am 15. Juni 2025 fand in Dortmund unser Zukunftstag statt. In einem konzentrierten, ganztägigen Austausch kamen Mitglieder aus dem ganzen Landesverband zusammen, um über zentrale strategische, organisatorische und politische Fragen zu diskutieren. Die Idee war klar: Wir wollten gemeinsam herausfinden, wie wir unsere Arbeit als Verband wirkungsvoller aufstellen können – mit Blick auf gesellschaftliche Herausforderungen, neue politische Realitäten und interne Strukturen, die zunehmend unter Druck geraten.
Es ging darum, Grundsatzfragen zu stellen:
- Welche Rolle wollen wir als Jusos in der SPD spielen?
- Wie setzen wir unsere inhaltlichen Beschlüsse und programmatischen Positionen tatsächlich um?
- Und was bedeutet es konkret, als Verband strategisch zu arbeiten?
Zentrales Ergebnis war die gemeinsame Verständigung auf die Notwendigkeit eines strukturierten, langfristig angelegten strategischen Organizing (Ansatz zur Selbstbefähigung). Statt auf kurzfristige Kampagnenlogik oder bloße Reaktion zu setzen, wollen wir als Verband gezielt Strukturen schaffen, um unsere Inhalte wirksam in Partei und Gesellschaft zu tragen. Dabei geht es auch um Machtaufbau – nicht im klassischen Sinne, sondern als Fähigkeit, eigene Positionen durchzusetzen, Menschen zu organisieren und Verantwortlichkeiten innerhalb und außerhalb des Verbands klar zu definieren. Das Ziel? Politische Veränderung real machen.
Raus aus dem Mandatsmikrokosmos
Ein Kernpunkt war dabei die stärkere Einbindung von Mandats- und Amtsträger*innen in strategische Prozesse des Verbands. Wer Verantwortung trägt – auf kommunaler, Landes-, Bundesebene oder in Europa und der Welt –, soll nicht nur punktuell eingebunden, sondern strukturell verankert sein. Aus Sicht vieler Teilnehmer*innen braucht es dafür gezielte Netzwerke und Austauschformate, die den kontinuierlichen Dialog zwischen Verband, Funktionär*innen und Entscheider* innen fördern. Ziel ist es, gemeinsames politisches Handeln zu ermöglichen – auf Grundlage demokratisch gefasster Beschlüsse und klarer politischer Zielsetzungen.
SPD, aber auf unsere Art
Ein weiterer Fokus lag auf dem Verhältnis der Jusos zur Mutterpartei. Ausgangspunkt war eine provokante These, die im Workshop diskutiert wurde: „Die Jusos passen sich und ihre Werte für Machtpositionen an die SPD-Führung an.“ Diese Aussage stieß nicht auf pauschale Ablehnung – im Gegenteil: Sie diente als Anlass, das Spannungsverhältnis zwischen Parteidisziplin, Mandatspraxis und inhaltlicher Eigenständigkeit offen zu thematisieren. Konkrete Vorschläge aus der Diskussion umfassten den Verzicht auf Doppelmandate, die Einführung klarer Vorschlagsrechte für Parteimandate durch den Verband sowie den Ausbau gezielter Unterstützungssysteme für Juso-Mandatsträger*innen. Wichtig war dabei ein zentrales Prinzip: Politische Verantwortung gehört auch in Juso-Hände, aber auf Basis der Werte und Positionen des Verbands, nicht durch individuelle Anpassung an parteipolitische Machtverhältnisse.
Auch unsere eigene Öffentlichkeitsarbeit stand zur Debatte. Immer wieder kam die Frage auf, wie wir mit unseren Inhalten mehr Menschen erreichen und gleichzeitig glaubwürdig bleiben können. Eine vorgeschlagene Doppelstrategie setzt dabei auf zwei Ebenen an: Einerseits sollen Inhalte professionell über klassische Kanäle wie Pressearbeit und Social Media verbreitet werden. Andererseits braucht es gezielte Formen der persönlichen Ansprache, direkte Gesprächsangebote und die Fähigkeit, komplexe Inhalte in zugänglicher Sprache zu vermitteln. Die politische Theorie, die uns begeistert, muss auch andere begeistern können, ohne populistische Verkürzung, aber mit spürbarer Relevanz.
Altstrukturen reichen nicht mehr
Neben strategischen Fragen wurden auch strukturelle Herausforderungen im Verband thematisiert – vor allem in Bezug auf Jugendverbandsarbeit vor Ort. In einer eigenen Arbeitsphase unter dem Titel „Jusos & Jugend“ wurde deutlich: Die Anforderungen an ehrenamtliche Strukturen steigen, während viele Verbände mit einer stagnierenden oder gar sinkenden Zahl von Aktiven kämpfen. Die bisherigen Strukturen stoßen unter veränderten Bedingungen (Social Media, neue Lebensrealitäten, weniger Verbindlichkeit) an ihre Grenzen.
Spaß ist kein Gegensatz zu Ernsthaftigkeit
Die daraus abgeleiteten Impulse waren klar: eine stärkere Zentralisierung inhaltlicher und organisatorischer Arbeit, niedrigschwellige Angebote zur Verantwortungsübernahme sowie die bewusste Förderung eines solidarischen, motivierenden Miteinanders. Oder wie es jemand auf den Punkt brachte: „Wir müssen den Spaßfaktor wieder ernst nehmen.“ Politische Arbeit darf anstrengend sein – aber sie soll auch Kraft geben und Zugänge schaffen, besonders für neue, junge Aktive.
Von der Debatte zur Struktur
Der Zukunftstag war in vielerlei Hinsicht ein Auftakt für einen gemeinsamen Prozess. Die erarbeiteten Vorschläge und Impulse werden derzeit zusammengeführt, ausgewertet und aufbereitet. Ziel ist es, daraus ein gemeinsames Impulspapier zu entwickeln, das dem Verband als strategische Grundlage für die kommenden Monate dienen soll, sowohl auf Landesebene als auch zur Unterstützung der Arbeit vor Ort.
Wir haben in Dortmund nicht nur diskutiert, was uns stört. Wir haben begonnen, systematisch zu klären, was wir verändern wollen und wie wir das gemeinsam angehen. Mit strategischer Klarheit, mit politischem Anspruch, mit Lust auf Verantwortung. Und mit dem festen Willen, aus Ideen Strukturen zu machen.
Zur Autorin: Aylin (18) blickt auf die Jusos in NRW und sieht ganz viel Zukunft!



