NRW Jusos – Magazin
Wie fühlt sich EU-Topie an?
Aus der Stadt.Land.Links Nr. 29: Man wird ja wohl noch träumen dürfen. Genau das tut Lea und teilt diesen Traum mit euch. Den Traum von einer EU, die ein lebenswerter Ort für alle ist.
Wenn ich mir die EU-Topie vorstelle, gleicht sie für mich einem Sommernachtstraum. Mit dem Nachtzug nach Prag, zum Frühstück nach Frankreich und für die besten Pommes in die Niederlande. Es ist eine EU ohne Grenzen, mit Brücken statt Mauern und eine EU, in der Kultur und Sprache genauso ineinanderfließen wie die Flüsse Werra und Fulda. Es ist eine EU, in der es ganz selbstverständlich ist, Neues zu entdecken: sei es ein Straßenfest in Barcelona oder ein unerwartetes Gespräch in Bukarest, bei dem man realisiert, wie ähnlich wir uns doch alle sind. Es ist eine EU, in der die Vielfalt an Sprachen und Kulturen als Bereicherung und nicht als Barriere erlebt wird. In der wir uns gegenseitig die Hand reichen.
Dieser Traum von einem grenzenlosen Europa, in dem Kulturen und Sprachen fließend ineinander übergehen, setzt sich fort in unserem Bildungssystem. Ich träume von einem EU-weiten Bildungsangebot, das es jeder*jedem erlaubt, jede EU-Sprache zu lernen. Wie schön sind die unterschiedlichen Kulturen? In Polen steht an Weihnachten ein extra Teller bereit, falls ein unerwarteter Gast kommt. In Schweden feiert man Mittsommer mit Blumen und Maibäumen. In Ungarn besiegelt man neue Freundschaften mit Pálinka (ein Obstbrand) und gutem Essen. Diese kulturelle Vielfalt ist der Schlüssel, um einander zu verstehen und Freundschaften zu schließen.
REISEFREIHEIT UND AUSTAUSCH OHNE GRENZEN
Die Mobilität innerhalb der EU fördert nicht nur das Verständnis und die Wertschätzung unserer unterschiedlichen Kulturen, sondern auch die Möglichkeit, diese aus erster Hand zu erleben. In meiner Utopie der Europäischen Union ist das Reisen und die Verbindung untereinander mühelos geworden. Dank einer Fülle von Zugverbindungen, weitläufigen Radwegen und mautfreien Autobahnen ist die Mobilität innerhalb der EU nicht nur einfach, sondern auch umweltfreundlich. Man kommt einfach schnell von A nach B. Wir lernen uns gegenseitig schon früh gut kennen, denn es gibt Austauschprogramme und wir können eine Vielzahl von Sprachen in Schule und Freizeit lernen. Lebenslanges Lernen wird großgeschrieben und ist in allen Lebensbereichen und Themen europaweit möglich. Unsere Städtepartnerschaften sind mehr als eine Unterschrift auf einem Ortseingangsschild. Wir besuchen einander regelmäßig. Da wir einander gut verstehen, erkennen ausnahmslos alle, dass Vorurteile und Diskriminierung unbegründet und sinnlos sind.
Diese gesteigerte Mobilität und das gegenseitige Verständnis bilden auch die Basis für unseren regen kulturellen Austausch. Über Grenzen hinweg finden sich kreative Köpfe zusammen, um gemeinsam an Projekten zu arbeiten, die traditionelle mit aktuellen Elementen verbinden. Von Literaturfestivals, die Autorinnen und Leserinnen aus ganz Europa zusammenbringen, bis zu Musikprojekten, die unter-schiedliche musikalische Traditionen verschmelzen, zeigt sich die kulturelle Vielfalt Europas in ihrer ganzen Schönheit.
RECHTSSTAAT, FRIEDENSMACHT UND VORREITERIN BEIM KLIMASCHUTZ
Die Bemühungen um eine nachhaltige und integrative Gesellschaft spiegeln sich auch in unserem globalen Engagement wider. Wir stehen gemeinsam für die Werte des Rechtsstaats ein. Die EU begreift sich als Friedensprojekt und richtet ihre Außenpolitik nach diesem Grundsatz aus. Dabei investiert sie mehr in Forschung als in Rüstung. Angesichts dieser Fortschritte ist die EU zukunftsgewandt und stellt sich den globalen Herausforderungen als internationale Vorreiterin. Durch die intensive Forschung schaffen es die Mitgliedstaaten, neue klimaneutrale Klimaschutzmaßnahmen zu etablieren. Unseren Energiebedarf decken wir dank fortgeschrittener Speichertechnik vollkommen aus erneuerbaren Energien, Atomkraftwerke gibt es nicht mehr. Wir erreichen saubere Meere, beenden die Überfischung in gemeinschaftlich genutzten Gewässern und fördern den Schutz bedrohter Arten. Aber nicht nur im Meer, sondern auch an Land wird die EU aktiv: Die EU unterstützt Landwirtinnen bei der Umstellung auf umweltfreundlichere Methoden, die die Biodiversität fördern, den Boden schützen und den Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pestiziden minimieren. Auf Monokulturen wird weitgehend verzichtet. Stattdessen profitieren wir von einer großen Vielfalt resilienter Früchte. Diese werden möglichst regional auf Schienen zu den Konsumentinnen geliefert.
ENDLICH MAL WIEDER ZUKUNFT, AUF DIE MAN SICH FREUT!
Das ist besonders effizient, weil die Digitalisierung uns Menschen in vielen Lebensbereichen hilft. Smarte Bahnsysteme lenken Güter- und Personenverkehr und fangen Verspätungen ab, bevor sie eintreffen. Breitbandinternet ist überall ausgebaut und die Entwicklung digitaler Dienste wird genutzt, um allen Bürgerinnen Zugang zu schnellen und zuverlässigen Online-Diensten zu gewähren. Diese Fortschritte in der digitalen Integration und der Einsatz moderner Technologien gehen Hand in Hand mit unseren Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung und den Schutz der Umwelt. Die Digitalisierung hat aber auch unsere Gesundheitsvorsorge revolutioniert. Nicht nur akute Behandlungen, sondern auch langfristige Gesundheitsförderung und Prävention sind ein zentraler Bestandteil unserer Politik. Die europaweite Vernetzung von Gesundheitsdaten verbessert die Diagnosestellung, Behandlung und Forschung und trägt so zur Entwicklung neuer medizinischer Lösungen bei. Gleichzeitig wird der Datenschutz streng gewahrt, um die Privatsphäre der Bürgerinnen zu schützen.
EIN EUROPA DER HUMANITÄT
Auch eine humane und integrative Behandlung von Geflüchteten wird großgeschrieben. Eine humane gemeinsame Migrationspolitik erkennt die Menschlichkeit von Geflüchteten an und bietet einen Rahmen für deren Integration und Teilhabe an unserer Gesellschaft. Dies bedeutet, dass jeder Mensch, der Zuflucht in der Europäischen Union sucht, mit Würde und Respekt behandelt wird. Die Mitgliedstaaten arbeiten eng zusammen, um faire und effiziente Asylverfahren zu gewährleisten. Dabei setzen sie auf gemeinsame Standards, die sowohl die Rechte der Geflüchteten schützen als auch die soziale Harmonie in den Aufnahmegesellschaften fördern. Zusätzlich setzt sich die EU weltweit für flüchtende Menschen ein, indem sie mit deren Herkunfts- und Durchreiseländern kooperiert, um die Fluchtursachen zu bekämpfen, an denen sie selbst einmal nicht ganz unbeteiligt war. Die EU fördert die Integration von Migrant*innen in den Arbeitsmarkt, indem sie die Anerkennung ausländischer Qualifikationen unterstützt und Weiterbildung zur Anpassung an den europäischen Markt bietet. Konträr dazu steht der Kampf gegen Steuerflucht. Den einzigen „Geflüchteten”, denen wir den Kampf ansagen, sind jene, die vor ihrer steuerlichen Verantwortung fliehen. Steueroasen haben wir ausgetrocknet. Dieses Geld haben wir in Gemeinwohl und Daseinsvorsorge investiert. Die Mitgliedstaaten unterstützen sich gegenseitig, um die Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen. Dies umfasst auch eine gerechte Verteilung der Verantwortung und der Ressourcen, damit kein Land übermäßig belastet wird.
Diese EU-Topie scheint noch ein kleines Stück entfernt. Aber wir träumen weiter von einem Europa, das nicht nur ein Wunsch, sondern ein Versprechen für die Zukunft ist. Ein Ort, an dem Menschen nicht durch Grenzen getrennt, sondern durch gemeinsame Werte und Träume vereint sind. Ein Europa, das seine Vielfalt als Stärke begreift und in dem jede*r die Freiheit hat, über sich hinauszuwachsen.
Träume sind allerdings keine reinen Fantasiegebilde, sondern tragen meist einen Funken Möglichkeit mit sich. Dieser Traum unserer EU-Topie fußt auf viel Fantasie und scheint unendlich weit entfernt, doch ist er nicht unmöglich. Damit wir einen oder gar viele Schritte in diese Richtung machen, rennen wir in diesen Tagen und Wochen für eine bessere, für eine gerechtere Europäische Union. Und warum? Because we are never gonne give EU up!
Lea Bongers (23) kann sich nicht vorstellen, im täglichen Leben auf die EU zu verzichten.