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NRW Jusos – Blog

06. Mai 2025

Bundesregierung – und jetzt?

Vertrauen gewinnt man nicht mit halben Sachen zurück. Ein Blogbeitrag von Maximilian Reeck, der am 10. Mai 2025 kandidiert als einer der fünf stellvertretenden Vorsitzender der NRWSPD.

Die Abstimmung ist vorbei – der Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU bekommt grünes Licht. Für die meisten Jusos bedeutet das: Euphorie fühlt sich anders an. Statt Aufbruch gibt’s wieder sowas ähnliches wie eine GroKo. Statt einem Plan für einen echten Neuanfang gibt es fragwürdige Kompromisse. Und genau das ist das Problem.

Wir erleben aktuell, wie Populismus und rechte Hetze die politische Stimmung im Land vergiften. Polarisierung nimmt zu, das Vertrauen vieler Menschen in die demokratischen Institutionen bröckelt. Dabei wäre genau dieses Vertrauen wichtiger denn je.

In einer Zeit, in der Desinformation und Hass immer mehr Menschen erreichen, braucht es Politik, die zeigt: Demokratie kann liefern. Demokratie kann gestalten. Demokratie kann das Leben der Menschen verbessern.

Der Koalitionsvertrag ist mit all seinen Widersprüchen und teilweise menschenrechtswidrigen Forderungen keine gute Grundlage, um dieses Vertrauen zurückzugewinnen. Umso mehr müssen wir jetzt dafür kämpfen, den Menschen glaubwürdige, mutige Politik anzubieten. Vertrauen wächst nicht von allein – es entsteht dort, wo Menschen spüren, dass Politik es ernst meint. Dafür können wir Jusos auf ein bewährtes Instrument zurückgreifen: Die Doppelstrategie. Veränderung erkämpfen wir nicht nur im Parlament, sondern auch auf der Straße und in der Gesellschaft. Wir müssen beides tun – im Bundestag genauso wie in Bündnissen, lokalen Beteiligungsgremien und in Vereinen. Wir wollen auch im Alltag der Menschen für Fortschritt und Gerechtigkeit streiten.

Gerade wir jungen Menschen erwarten von der Politik Veränderung.

Doch wir haben in den letzten Jahren immer wieder erlebt: Versprochen wird viel, geliefert wird wenig. Mehr Klimaschutz? Kommt zu langsam. Gerechtere Bildung? Bleibt Stückwerk. Faire Chancen für alle, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern? Noch immer ein Kampf.

Als SPD müssen wir unabhängig vom Koalitionsvertrag den Mut haben, wirklich für Veränderung zu kämpfen – offen, ehrlich und laut. Der jetzige Vertrag wird es uns auch nicht leichter machen, das Vertrauen zurückzugewinnen, das wir als Partei in den letzten Jahren verspielt haben. Im Gegenteil: Viele junge Leute fragen sich zu Recht, warum sie uns überhaupt noch vertrauen sollten, wenn wir unsere Überzeugungen im Zweifelsfall für FDP oder Union links liegen lassen.

Besonders bei uns in NRW merken wir diese Stimmung sehr deutlich. Die NRWSPD ist die größte Landesorganisation in der ganzen Partei – und damit auch der Ort, an dem echte Veränderung beginnen muss. Wir dürfen nicht zu denjenigen gehören, die sich mit faulen Kompromissen abfinden. Wir müssen der laute, unbequeme Motor sein, der die Bundes-SPD daran erinnert, warum wir überhaupt in die Politik gegangen sind: Für soziale Gerechtigkeit, für Klimaschutz, für eine echte Perspektive für alle, nicht nur für wenige.

Klar ist auch: Einige Punkte aus dem Koalitionsvertrag müssen wir jetzt mit allem, was wir haben, kritisch begleiten, für echte Verbesserungen kämpfen und Rückschritte – wie Merz sie sich an vielen Stellen wünscht – abwenden:

  • Soziale Gerechtigkeit: Das Sozialstaatsprinzip ist für uns nicht verhandelbar. Wir wollen Teilhabe statt Vollsanktionen. Armut bekämpft man nicht mit kleinteiligen Verwaltungsreformen. Wir brauchen echte Entlastungen, höhere Mindestlöhne, starke Tarifbindung und keine Schwächung von Arbeitnehmer*innenrechten. Zudem müssen wir das nun verfügbare Sondervermögen nicht nur in bauliche Infrastruktur investieren, sondern auch in unsere Zukunft: Wir brauchen massive Investitionen in Bildung und Kindergrundsicherung – nicht nur Absichtserklärungen.
  • Wohnungspolitik: Der Mieterschutz bleibt schwach. Gerade in Großstädten brauchen wir echten Schutz vor Verdrängung und bezahlbaren Wohnraum – und nicht nur nette Worte im Vertrag.
  • Migrations- und Asylpolitik: Die Vereinbarungen zur Migrationspolitik sind ein menschenrechtsverachtender Rückschritt. Wir dürfen nicht zulassen, dass humanitäre Standards immer weiter ausgehöhlt werden. In NRW – einem Einwanderungsland – müssen wir für eine humane, solidarische Migrationspolitik streiten, die Integration fördert statt blockiert.
  • Klimaschutz: Der Vertrag bleibt hier weit hinter dem Notwendigen zurück. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Ziel der Klimaneutralität auf 2045 verschoben wird, ohne dass echte Maßnahmen heute starten. Klimaschutz muss jetzt passieren – in NRW besonders durch einen schnellen Ausbau erneuerbarer Energien, durch soziale Wärmewende, durch massive Investitionen in den ÖPNV und die Transformation unserer Wirtschaft.

Außerdem bedroht die AfD unsere Demokratie immer offener.

Ein Verbotsverfahren könnte in dieser Regierungsperiode unsere letzte Chance sein, die demokratische Grundordnung zu schützen, bevor es zu spät ist. Wir müssen klar sagen: Wer den Staat bekämpft, darf nicht von ihm finanziert werden. Demokratie verteidigt man nicht mit Sonntagsreden, sondern mit konsequentem Handeln.

Jetzt heißt es aber vor allem: Kopf hoch, denn vor uns liegen wichtige Wahlen. Die Kommunalwahlen und bald auch die Landtagswahl. Das sind unsere Chancen, zu zeigen, dass es auch anders geht. Dass wir zukunftsfähige Ideen haben, dass wir wissen, wie eine gerechte, klimafreundliche und moderne Gesellschaft aussehen kann – und dass wir bereit sind, dafür zu kämpfen.

Aber das geht nur, wenn wir aufhören, Angst vor klarer Haltung zu haben. Wenn wir nicht nur regieren, sondern verändern wollen. Und wenn wir es ernst meinen mit der Erneuerung und nicht nur darüber reden.

Deshalb: Jetzt erst recht. Vertrauen gewinnt man nicht mit halben Sachen. Vertrauen gewinnt man mit Haltung, mit Mut – und mit echter sozialdemokratischer Politik. Wir in NRW gehen voran!


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