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NRW Jusos – Blog

09. Januar 2023

Klimaprotest ist kein Verbrechen!

Was die CDU in NRW verbockt und was die Grünen nun mittragen, geht uns alle an!

Verpasste Chancen, Mutlosigkeit und vor allem eins: Realitätsverlust. So ließe sich gut die orientierungslose und damit klimaschädliche Energiepolitik in NRW der letzten Jahre beschreiben. Entgegen jeder Notwendigkeit wurde der Ausbau von erneuerbaren Energien durch die schwarz-gelbe Landesregierung erschwert, etwa durch unsinnige Abstandsgebote für Windkrafträder. Schwarz-Gelb hat damit vor allem eins getan: Prioritäten für fossile Energien gesetzt.

Mit Schwarz-Grün keine Trendwende in der Klimapolitik

Inzwischen regiert in NRW Schwarz-Grün und auch wenn sich viele die Hoffnung gemacht haben, dass sich am Energiekurs im bevölkerungsstärksten Bundesland etwas ändern würde, muss man sich inzwischen wohl oder übel eingestehen, dass das nicht stimmt. So versammeln sich momentan Aktivist*innen aus dem ganzen Land im kleinen Dörfchen Lützerath. Lützerath soll in den nächsten Tagen – mit freundlicher Unterstützung durch die Grünen in der Landesregierung – vollständig geräumt werden und abgebaggert werden, um so die unter dem Dorf befindliche Braunkohle zu bergen. Mona Neubaur, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Landtagswahl, stellvertretende Ministerpräsidentin in NRW und Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, verhandelte die Räumung Lützeraths mit RWE. Nun verteidigt sie diese in Hinblick auf benötigte Energie, welche nur durch die Braunkohle und somit die Erweiterung des Braunkohletagebaus Garzweilers, zu erreichen sei. Sie benennt nicht, dass es eine von der CDU angeführte Landesregierung in NRW war, die mit ihrer Politik zuvor Fakten schuf, die mittlerweile irreversibel geworden sind.

Neben der bereits erwähnten Pleite der Windenergie wurde etwa die Einführung einer Photovoltaik-Anlagen-Pflicht für Neubauten unter Schwarz-Gelb verschlafen. Entgegen der Selbstdarstellung der CDU, die Verkehr und Mobilität immer wieder im Wahlkampf als Topthema vor sich hergetragen hat, ist NRW noch immer Autoland und ÖPNV sowie Radmobilität bleiben unerschwinglich bis unattraktiv für die meisten. Derweil wurden die Bewohner*innen von Lützerath bereits umgesiedelt. Die Initiative Lützerath lebt, wird getragen von Klimaaktivist*innen, welche vor Ort die Häuser seither bewohnen und nun auch breiten Protest von Demos bis zum geplanten zivilen Ungehorsam organisieren.

Grundlegend und sozialverträglich auf erneuerbare Energien umsteigen!

Für uns Jungsozialist*innen ist klar: Für unsere Zukunft brauchen wir keine Kohlebagger von RWE, sondern eine regenerative Energieversorgung. Auch angesichts der aktuellen Energiekrise halten wir deshalb umso mehr daran fest, erneuerbare Energien bis spätestens 2030 zur Grundlage der Stromversorgung in ganz NRW zu machen. Auch im Sinne einer sozialen Verträglichkeit, kann dies die einzig richtige Forderung sein! Denn der konsequente Ausbau und der Fokus auf erneuerbare und nachhaltige Energien senkt eben langfristig auch die Strompreise für Verbraucher*innen und auch für die Industrie, womit Arbeitsplätze gesichert werden können. Eine konsequente Energiewende ist nämlich eben kein Jobkiller, sondern soll Strukturwandel zu einer Erfolgsgeschichte machen.

Schwarz-Grün nimmt die Eskalation bei der Räumung sehenden Auges in Kauf

Alles andere als eine Erfolgsgeschichte ist jedoch offensichtlich der Umgang der aktuellen schwarz-grünen Landesregierung mit all diesen Problemen. Und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sich Protest regt. Protest, der angeführt von der Gruppe „Ende Gelände“ die Räumung von Lützerath verhindern soll, aber auch Protest von Klimaaktivist*innen in ganz NRW, die ihre Sorge vor dem verschlafenen Umgang mit der Klimakrise auf die Straße tragen. Mehr als beunruhigend erscheint dann, dass ein alter Bekannter für die Räumung des Dorfes seine Zuständigkeit markiert. Innenminister Herbert Reul (CDU), der bereits bei der Räumung des Hambacher Forstes unter Beweis stellte, wie Polizei und Sicherheitskräfte in seinen Augen mit Protestierenden umzugehen haben, hat auch nun wieder das Heft in der Hand. Begründet wächst nun die Sorge über eine gewaltvolle Räumung Lützeraths: Reuls persönliches Programm war es zuletzt, mit Hilfe des neuen Versammlungsgesetzes antifaschistischen und demokratischen Protest zu verunglimpfen und gleichzeitig rassistische Narrative von der so genannten „Clankriminalität“ als erstes und drängendstes Problem in NRW zu beschwören – während rechte Strukturen von seinem Innenministerium keine Beachtung erfahren.

Klimaprotest ist kein Verbrechen!

Und deshalb ist jetzt auch die Zeit über den Umgang mit Klimaprotesten im Allgemeinen zu sprechen. Klar ist: Dass vor allem junge Menschen durch die Klimakrise politisiert werden und von ihrem demokratischen Recht auf Teilhabe am politischen Geschehen Gebrauch machen, ist nicht nur verständlich, sondern verlangt unsere Solidarität als Jungsozialist*innen. Mehr als unangebracht ist hingegen die Kriminalisierung von Protestierenden von konservativer Seite. Vergleiche etwa mit der RAF werfen in einen Topf, was nicht zusammengehört. Es geht bei der Bewertung von Aktionen etwa von Initiativen der „Letzten Generation“ eben nicht darum, ob man selbst sie für den richtigen Weg hält oder sie gar schick findet. Es geht beim Klimaprotest, wie bei jedem anderen demokratischen Protest, letztendlich darum anzuerkennen, dass es zu einer Demokratie dazu gehört, seinem Unmut über politisches Versagen auf der Straße Ausdruck zu verleihen. Mit welcher Aktionsform ziviler Ungehorsam ausgeübt wird, spielt in meiner solidarischen Haltung zu Klimaprotesten keine Rolle. Einzig wichtig ist: Ich teile die Analyse, dass der politische Kurs das 1,5 Grad Ziel verfehlen wird, wenn nichts geschieht. Und deshalb halte ich es für gerechtfertigt, Politik dort zu kritisieren, wo es angebracht ist und dort mitzugestalten, wo es mir persönlich möglich ist.

Und genau in dieser differenzierenden Perspektive sehe ich unseren Landesverband: Als Jungsozialist*innen in NRW wissen wir, wovon wir reden, wenn wir eine nachhaltige und sozialverträgliche Energiepolitik fordern. Und wir wissen, an wen wir unsere Kritik adressieren müssen, wenn Ministerpräsident Wüst und Ministerin Neubaur immer weiter verschlafen und damit dafür verantwortlich sind, dass die Räumung und das Abbaggern von Lützerath nicht alternativlos waren, es nun aber scheinen.


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