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NRW Jusos – Blog

19. März 2024

Newroz pîroz be – Frohes kurdisches Neujahrsfest

Das kurdische Neujahrsfest, Newroz, ist mehr als nur ein Wechsel der Jahreszeiten – es ist ein Symbol der Hoffnung, des Widerstands und der kulturellen Identität. Der Ausdruck „Newroz pîroz be“ wird in diesen Tagen von Millionen von Kurd*innen, Iraner*innen und weiteren Völkern im Nahen und Fernen Osten weltweit ausgesprochen, während sie das Jahr mit festlichen Traditionen und kulturellen Bräuchen begrüßen.

Mehr als nur ein Fest

Newroz ist nicht nur ein Datum im Kalender, sondern ein lebendiges Erbe, das seinen Ursprung in der Geschichte der Kurd*innen hat. Es markiert den Frühlingsanfang und steht symbolisch für den Sieg des Lichts über die Dunkelheit, des Guten über das Böse. Die Traditionen reichen tief in die Geschichte zurück und sind von Region zu Region verschieden, aber sie alle teilen die Freude über das Neue und die Hoffnung auf bessere Zeiten. Newroz ist auch ein Charakteristikum für die kurdische Geschichte. Es verkörpert den unbesiegbaren Geist der Kurd*innen und ihren Drang zur Freiheit und Autonomie, den Sieg des kurdischen Schmieds Kawa über den grausamen Fürsten Dehak.

Die Jusos solidarisieren sich schon lange mit der kurdischen Freiheitsbewegung. Kurd*innen sind für die internationale Sicherheit maßgeblich. Allein durch den erfolgreichen Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) von 2013 und 2019 hat sich die Relevanz der kurdischen Bewegung und Identität manifestiert. Doch dieser Erfolg war nicht von Dauer, da die kurdischen Kräfte den IS zwar erfolgreich vielerorts zurückgeschlagen haben, die internationale Unterstützung für die Kurd*innen seitdem aber abgenommen hat.

Kurdisches Leben in der Türkei

Besonders bei den Wahlen in der Türkei wird deutlich, wie die Kurd*innen Repressalien unterworfen sind und wie wenig dagegen getan wird. Selbst die moderate pro-kurdische Partei HDP (türkisch für: „Demokratische Partei der Völker“) wird politisch verfolgt. In Nordsyrien hat die Türkei im Rahmen militärischer Operationen mit perfiden Namen, wie der Operation „Olivenzweig“ und „Friedensquelle“, eine Pufferzone eingerichtet. Dies führte dazu, dass die Kurd*innen auf die Kooperation mit Assads Truppen, dem Präsidenten Syriens, angewiesen sind, die zunehmend Kontrolle über die kurdischen Gebiete gewinnen. Dadurch verhindert die Türkei eine Unabhängigkeitserklärung der Kurd*innen im Nachbarland. Erdogan, der türkische Präsident, machte deutlich, keinen Strategiewechsel in der Kurdenfrage anzustreben – im Gegenteil. Er möchte unter anderem die PKK völlig zerstören. Seit 2019 wurden über 72 % der pro-kurdischen Bürgermeister abgesetzt, verhaftet und einigen anderen wurde die Amtsführung gänzlich untersagt. An ihrer Stelle regieren aus Ankara entsandte Treuhänder.

Zudem sitzen in der Türkei viele politische Gegner*innen in Haft. Kurdische Gedichte werden aus offiziellen Schulbüchern entfernt, die kurdische Kultur unterdrückt und aus der Öffentlichkeit verdrängt. In Plenarprotokollen des Parlaments werden die kurdischen Sprachen als “unbekannte Sprache X” umschrieben als hätte es sie nie gegeben. Das Kurdischsein wird ganzen Bevölkerungsgruppen nicht selten abgesprochen und im Bildungssystem die kurdische Identität völlig verleugnet.

Jin, Jiyan – was nochmal?

Mit Blick auf den Iran wird deutlich, dass die Lage der Kurd*innen auch international instabil ist. Mit dem Tod von Jina Mahsa Amini im September 2022 ist die Konfliktlage eskaliert. In mehrheitlich kurdischen Gebieten im Nordwesten des Irans haben Demonstrierende kurzzeitig die Kontrolle übernommen. Doch im iranischen Kurdistan haben die Revolutionswächter die Gebiete belagert und wieder eingenommen. Es gab seitdem ein Massaker an Kurd*innen in den Gebieten. Seitdem haben sich die Repressionen verstärkt. Es braucht nicht viel, um als Aktivist*in gegen das Regime zu gelten und im schlimmsten Fall mit dem Tod bestraft zu werden. Die Angst des Regimes vor den Kurd*innen ist immer größer geworden, so auch die Brutalität, mit der die Revolutionsgarden gegen sie vorgehen. Die kurdische Bevölkerung im Iran beträgt etwa 15 %. Die Angst vor einem Separatismus nutzt das Regime für sich, indem es die Schrecken des Iran-Irak-Kriegs wieder aufweckt, um die Bevölkerung vom Protestieren abzuhalten.

Gleichzeitig hat sich im Iran etwas Außergewöhnliches gezeigt: Menschen aus anderen Gebieten im Iran fingen an, Medikamente und Geld an die Kurd*innen zu spenden – als Zeichen ihrer Solidarität. Dieser Zusammenhalt der vielen und so unterschiedlichen ethnischen Gruppen im Iran zeigt ihre größte Gemeinsamkeit: das Ziel, das Mullah-Regime zu stürzen. Die Kurd*innen kämpften schon lange gegen die im Iran herrschende Unterdrückung. Diese Unterdrückung geht von einem faktischen Verbot der kurdischen Sprache bis zur vollständigen Verbannung kurdischer Kultur. Dies sieht man allein daran, dass Jina Mahsa Amini ihren kurdischen Vornamen nicht tragen durfte. Dagegen halten nun kurdische Freiheitskämpfer*innen entgegen.

Kurdische Parteien und Bündnisse haben seit 2016 mehrfach das iranische Regime attackiert. Diese streben zum einen ein demokratisches Kurdistan an, zum anderen aber in erster Linie eine säkulare, demokratische Iranische Republik. Die kurdischen Bündnisse sind im Iran jedoch zersplittert, was eine relevante politische Einflussnahme, insbesondere seit dem Mullah-Regime, erschwerte. Einige kurdische Politiker*innen und Widerstandskämpfer*innen haben sich in den Irak zurückgezogen, weshalb der Iran seine Angriffe auf die Autonomieregion im irakischen Kurdistan intensiviert hat. Dadurch lässt sich unter anderem erklären, warum Erdogan und das iranische Mullah-Regime gemeinsam gegen den Nordirak, insbesondere gegen die PKK und die dort stationierte iranische Schwesterpartei „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“, PJAK, vorgehen. Erst 2020 haben sich die drei Autokraten auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die Kurd*innen geeinigt.

Hoch die internationale Solidarität

Während die meisten von uns den Beginn des Frühlings in ihren sicheren, warmen und wohlbehüteten Wohnungen verbringen dürfen, kämpfen die Kurd*innen in der Türkei, in Nordsyrien und im Iran um ihre nackte Existenz. Wir NRW-Jusos sind weiterhin solidarisch mit dem feministischen und sozialistischen Befreiungskampf der Kurd*innen. Hoch die internationale Solidarität mit allen unterdrückten Völkern dieser Welt und ein frohes Newroz-Fest!

Quellen

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